Homeoffice - Eine Frage der (guten) Gestaltung

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Anthea Dathe
Psychologie-Studentin und Praktikantin bei novaworx

Homeoffice oder mobiles Arbeiten ist in vielen Unternehmen fester Bestandteil des Arbeitsalltages. Doch wie wirkt sich die Arbeit zu Hause auf das Verhalten sowie die psychische Gesundheit der Beschäftigten aus? Welche Risiken bestehen für Mensch als auch Unternehmen? Das sagt die Forschung:

Häufig betonen Arbeitnehmende besonders die Vorzüge des Homeoffice, wie beispielsweise das Einsparen der Zeit für den Arbeitsweg oder eine höhere Flexibilität. Tatsächlich sieht aber auch die Wissenschaft Chancen in der Implementierung von mobiler Arbeit – sowohl für die Mitarbeitenden als auch für das Unternehmen: Mehreren Studien zufolge kann die Arbeit im Homeoffice mit einer höheren Arbeitszufriedenheit, geringerem Stress sowie einer geringeren Erschöpfung bei der Arbeitstätigkeit in Verbindung gebracht werden. Außerdem zeigten sich positive Auswirkungen auf die emotionale Bindung der Mitarbeitenden an die Organisation, was unter anderem durch verringerte Fehlzeiten als auch geringere Absichten das Unternehmen zu verlassen widergespiegelt wird.

Trotzdem scheint plausibel: Menschen, die sich am selben Ort aufhalten, kommunizieren häufiger miteinander. Wendet man den Blick der anderen Seite der „Homeoffice-Medaille“ zu, wird deutlich, dass diese auch Risiken birgt. So kann mobiles Arbeiten einen negativen Einfluss auf soziale und berufliche Interaktionen der Mitarbeitenden haben und schlimmstenfalls sogar zu sozialer Isolation führen. Darüber hinaus ist möglicherweise auch der Wissenstransfer im Unternehmen durch das Homeoffice gefährdet, welcher vom Vertrauen der Beschäftigten untereinander abhängig ist. Und Vertrauen entsteht eben eher durch persönliche als durch elektronische Kommunikation.

Mehreren Studien zufolge kann die Arbeit im Homeoffice mit einer höheren Arbeitszufriedenheit, geringerem Stress sowie einer geringeren Erschöpfung bei der Arbeitstätigkeit in Verbindung gebracht werden.

Gute Nachrichten sind, dass die Auswirkungen der mobilen Arbeit durch die Gestaltung und Umsetzung dieser im Unternehmen beeinflusst werden können. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz nicht durch das Homeoffice beeinträchtigt werden, wenn die Arbeit in den eigenen vier Wänden zwei bis drei Tage pro Woche nicht übersteigt. Homeoffice sollte also nur in moderatem Ausmaß praktiziert werden, so dass das Gleichgewicht zwischen persönlichem und virtuellem Kontakt erhalten bleibt.

Vor einer Gruppe Menschen sind bunte Sprechblasen eingeblendet
Quelle: Pixabay
Zwei Personen im beruflichen Gespräch

Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz nicht durch das Homeoffice beeinträchtigt werden, wenn die Arbeit in den eigenen vier Wänden zwei bis drei Tage pro Woche nicht übersteigt.

Auch das Thema Führung spielt im Homeoffice eine bedeutende Rolle. Viele Führungskräfte befürchten einen Kontrollverlust, da die Anwesenheit und Arbeitsleistung der Mitarbeitenden nicht vor Ort überprüft werden kann. So geht mobile Arbeit - entgegen der Vorstellung - nicht zwangsläufig mit einer höheren Autonomie der Beschäftigten einher. Weil die Wahrnehmung von Autonomie jedoch Produktivität als auch Wohlbefinden der Mitarbeitenden fördert, ist von einer Verstärkung der Kontrollen durch die Führungskraft abzuraten. Viel mehr wird Vorgesetzten empfohlen den Schwerpunkt auf den Austausch von Informationen sowie gemeinsame Zielsetzung zu legen und darüber hinaus die Beschäftigten technisch, sozial und emotional zu unterstützen, den Zusammenhalt im Kollegium zu fördern und durch effektives Feedback sowie angemessene Anerkennung der Leistungen, eine positive Einstellung zur individuellen beruflichen Entwicklung der Beschäftigten aufzubauen.

Der Erfolg eines Homeoffice-Programms hängt aber nicht nur von Aspekten der Organisation, sondern auch vom Arbeitsplatz und der Persönlichkeit der Mitarbeitenden ab. So stellt das Ausmaß, in dem Organisationsmitglieder bei der effektiven Ausführung ihrer Aufgaben aufeinander angewiesen sind, einen wichtigen Gesichtspunkt dar. Demnach sind Jobs, die eine enge interne Zusammenarbeit mit anderen erfordern, eventuell weniger für das Homeoffice geeignet oder müssen sehr bewusst gestaltet werden.

Des Weiteren gibt es Persönlichkeitsmerkmale, die eine effektive Homeoffice-Arbeit fördern (z. B. das Planungsverhalten) oder erschweren (z.B. das Aufschieben von Aufgaben). Einzelne Fähigkeiten wie die persönliche Arbeitsorganisation sind jedoch trainierbar. Hier können Schulungen die Beschäftigten im Homeoffice gezielt unterstützen.

Ob das Erleben von Isolation bei mobiler Arbeit als Nachteil wahrgenommen wird, hängt ebenfalls zumindest teilweise von der einzelnen Person ab. Werden soziale Interaktionen als emotionale Anforderungen empfunden, können betroffene Arbeitnehmende die Tage im Homeoffice als „Mini-Pause“ bzw. Erholung wahrnehmen, während andere Beschäftigte diese stark mit Einsamkeit verbinden und entsprechend kritisch betrachten.

Homeoffice-Arbeitsplatz mit Bildschirm und Tastatur
Quelle: Pixabay

Werden soziale Interaktionen als emotionale Anforderungen empfunden, können betroffene Arbeitnehmende die Tage im Homeoffice als „Mini-Pause“ bzw. Erholung wahrnehmen, während andere Beschäftigte diese stark mit Einsamkeit verbinden und entsprechend kritisch betrachten.

Auch ungeeignete Wohnverhältnisse können das das mobile Arbeiten erschweren. Denn für das Homeoffice ist ein ruhiger Arbeitsplatz unabdingbar, der nicht nur den ergonomischen Anforderungen entspricht, sondern auch ein störungsfreies und dauerhaft konzentriertes Arbeiten ermöglicht.  Dazu gehören auch ein separater Bildschirm sowie eine Tastatur. Nacken und Rücken werden es danken.

Wichtig zu beachten ist also, dass Homeoffice nur dann zu mehr Zufriedenheit führt, wenn die Beschäftigten selbst entscheiden können, ob sie von zu Hause aus arbeiten wollen.

Mobile Arbeit bringt demnach sowohl Chancen als auch Risiken für das Erleben und Verhalten der Mitarbeitenden sowie das gesamte Unternehmen mit sich. Jedoch kann die Gestaltung dieser durch Organisation und Führungskräfte zu einer Minderung der Risiken und Förderung der positiven Effekte beitragen, wenn die Eignung der Arbeitstätigkeit angemessen reflektiert und der Individualität der Mitarbeitenden inklusive ihrer jeweiligen Lebenssituationen Beachtung geschenkt wird.

 

Quellen:

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